Freitag, 15. November 2013

Förderschule Lernen und Fragen zur Inklusion

Ich habe mich ja schon seit längerem gefragt, wie ich mich dem Thema Inklusion nähern kann. Klar, erklären, was das für Schulen bedeutet, dazu eine paar Studien und politische Statements. Alles halt sehr akademisch.
Und dann sah ich diesen WDR-Beitrag von 2007, als es diese Diskussion um Inklusion in der Form noch gar nicht gab. Eigentlich ging es darum, wie ein Sonderschullehrer auf die Idee kommt in Mathe HARTZ 4-Unterricht zu geben. Aber irgendwie geht es um mehr, um die Schüler und ihre Problemlagen: Arbeitslosigkeit, Sterben, Orientierungslosigkeit, Essen, Hygiene, Knast ...




Und nun? 2013 haben wir die Zeitrechnung der Inklusion, in der das baldige Ende dieser Förderschulen droht:
http://bildungsklick.de/pm/89457/kahlschlag-bei-foerderschulen/

Die Idee der Inklusion ist, die Separierung dieser Kinder aufzuheben, um im gemeinsamen Lernen aller Schüler gesellschaftliche Ausgrenzung zu vermeiden. Aber genau hier beißt es sich in meinen Augen:
Welche Ressourcen hat die Regelschule, um die zwingend erforderliche fortdauernde individuelle Zuwendung für diese Kinder zu gewährleisten? Damit meine ich das Nachfragen nach den Sorgen und Nöten der Schüler, dem Kümmern um soziale Probleme (wofür ein kleinerer Klassenverband nun mal hilfreich ist). Gelingt das soziale Durchmischen in Peer-groups, wenn die sozialen Problemlagen eben nicht ähnlich sind? Oder verstärken sich hier nicht sogar Ausgrenzungen? Was mache ich mit Schülern im Klassenverband, bei denen der Schulstoff angesichts der emotionalen persönlichen Schieflagen sowas von hintenan stehen? Schafft es, die Regelschule den Schonraum zu bieten, den manche Schüler brauchen angesichts der Tatsache, dass um sie herum nur Chaos ist?
Der Elternwunsch nach Inklusion ist ja nachvollziehbar, sieht man doch, dass der Besuch der Förderschule ein Stigma ist, spätestens wenn man später eine Lehrstelle möchte. Im Beitrag bewirbt sich das Mädchen für eine Lehrstelle als Einzelhandelskauffrau. Nein, sie bekommt die Stelle nicht, aber hätte es die Chancen tatsächlich erhöht, wenn der Hauptschulabschluss von einer Regelschule ausgestellt worden wäre?
Damit man mich nicht falsch versteht: Auch in diesem Beitrag sehe ich Schüler, denen eine Integration in die Regelschule gut täte, weil eine intrinsische Lernbereitschaft für den Schulstoff, eine adäquate Ausdrucksfähigkeit  und ein einigermaßen stabiles Sozialverhalten da ist. 
Aber: Wie will man damit umgehen, dass man am "leichtem Lernstoff" sofort auffällt im Regelschulalltag der Schüler? Wenn die Erfahrung "alle sind weiter als ich" durchschlägt? Wenn der betroffene Schüler sich ungelenk vor den Mitschülern rechtfertigt oder es dann nicht mehr tut? Was ist mit dem Rest der Klasse? 

Ich habe darauf erstmal keine Antworten. Aber wenn wir über Inklusion diskutieren wollen, dann müssen wir das vor dem Hintergrund tun, dass es mehr Schüler mit Förderschwerpunkt Lernen gibt als körperbehinderte oder geistig behinderte Schüler. Und wir müssen uns den Fragen dieses TV-Beitrages von 2007 stellen.

3 Kommentare:

  1. Hallo lieber Herr Schulz,
    ihr Bericht ist sehr Interessant und spricht ein Thema an,dass immer wieder heiß diskutiert wird.Ich arbeite an einer Grundschule in Hamburg und kenne die Probleme mit den sogenannten "Besonderen"Kindern.Ich selbst habe 2Jungs mit ADS/ADHS und eine eigene Diagnose mit ADS.Ich habe beim IFLW in Berlin eine Fortbildung zum ADHS Elterntrainer gemacht und Interessiere mich sehr für dieses Thema.Im Alltag fällt mir häufig die Problematik auf,die die Inklusion mit sich bringt.Erschwerend kommt dass Personal Problem hinzu!Ich betreue am Nachmittag 25 Kinder alleine,inklusive Hausaufgaben,Mittagessen und Spielzeit.Manchmal sind es auch bis zu 30Kinder,wenn ein Kollege ausfällt.Kinder die eine besondere Aufmerksamkeit benötigen,kommen definitiv zu kurz.Ebenso ist es im Unterricht.Es sind zwar "nur noch"23Kinder in einer Klasse,aber die Stundenanteile der Sonderpädagogen und Erzierher werden immer mehr gekürzt.Die Kinder bleiben meiner Meinung nach auf der Strecke.

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    1. Danke für Ihren Beitrag. Ja, in der Tat, und mich bewegt auch die Frage, wie stark man in einer sehr unruhigen Klasse überhaupt differenzieren kann. Ein stark zieldifferenter Unterricht kann auch noch mehr Unruhe hineintragen, denn es muss auch Zeit für individuelle Arbeit mit dem Lehrer bleiben. Wie soll das gehen, wenn es mehr als 3-4 Lernniveaus in einer Klasse gibt? Es ist eben schwierig zu glauben, die Erkenntnis läge in Arbeitsblättern und Schüler müssten diese einfach nur durcharbeiten.

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  2. Diese Kinder fallen eher auf und stören den Unterricht.Auch für die Lehrer ist es oftmals eine sehr stressige Stunde die wesentlich schwerer zu Planen sind,um dann auch noch allen gerecht zu werden.Ich finde es sehr schade dass man den Kindern nicht mehr gerecht werden kann und dass sie eher untergehen als dass sie besser Integriert werden.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Daniela Poschmann

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